Nationalkadersportler*innen dürfen wieder ins Trainingszentrum

Die Corona-Zeit ist für alle in der Bevölkerung eine große Aufgabe, so auch für die Kanu-Rennsport-Abteilung der Rheinbrüder Karlsruhe. Nach knapp einem Monat in dem die Richtlinien nahezu jeden Tag geändert und die Bewegungsfreiheit eingeschränkt wurde, ist seit dieser Woche für die Bundeskader-Athlet*innen ein beinahe normales Training möglich.

Die neue Verordnung für den Spitzensport erlaubt das Training in Kleingruppen mit bis zu fünf Personen. Auch die Rheinbrüder-Trainerinnen dürfen endlich wieder mit den Motorboot neben ihren Schützlingen herfahren. Somit steht dem Training auf dem Wasser nichts mehr im Wege. Bundesstützpunkt-Leiter Detlef Hofmann ist nach den Wochen der Ungewissheit und den vielen Änderungen die Erleichterung anzumerken: „Langsam können zumindest unsere Topathletinnen wieder ordentlich trainieren.“ Vor allem ist es wichtig, dass die Krafträume und Umkleidekabinen wieder genutzt werden können. Wenngleich es laut Detlef Hofmann gerade eine „Zweiklassen-Gesellschaft“ dadurch gibt. Denn für alle Nicht-Nationalkaderathlet*innen bedeutet dies weiterhin ein Ausschluss vom alltäglichen Trainingsbetrieb.

Doch die Rheinbrüder Karlsruhe haben sich für alle Altersklassen individuelle Trainingsmöglichkeiten überlegt. Das fängt damit an, dass Paddelergometer, die einen nicht unerheblichen Platzbedarf benötigen, zu den Athletinnen nach Hause gebracht wurden. „Da haben auch die Eltern und der Trainerstab phänomenal mitgezogen.“, beschreibt Leistungsklasse Bundestrainer Ralf Straub die Lage und ergänzt: „ich meine, nicht jeder würde den Esstisch aus dem Wohnzimmer verbannen damit sein Kind das Paddeltraining auf dem Trockenen absolvieren kann.“ Kurzhanteln, Springseile und Medizinbälle, alles was eigentlich in den Gymnastik- und Krafträumen der Rheinbrüder steht, wurde verteilt oder zum Teil neu angeschafft, so dass auch allen anderen Leistungssportlerinnen das tägliche Training in den eigenen vier Wänden möglich gemacht werden konnte.

Trainingsgruppe von Maren Knebel ©privat

Bereits seit den ersten Wochen der Krise haben diese Art des „Selfmade“ Heimtrainings auch Bundesstützpunkt-Trainerin Maren Knebel und Jugendtrainer Yannik Hofmann mit ihren Junioren- und Jugend-Teams durchgeführt. Unter anderem gibt es hier Aufnahmen von Sportler*innen, die an Türrahmen Klimmzüge und mit vollen Wasserkisten auf dem Rücken Liegestütze machten. „Die Not macht eben erfinderisch!“, kommentiert Knebel die Bilder schmunzelnd.
Die sportartspezifischen Einheiten wurden dann entweder auf den Ergos zu Hause oder unter tatkräftiger Mithilfe der Eltern im individuellen Einzeltraining auf dem Altrhein durchgeführt.

Die niedrigeren Klassen trainieren komplett zu Hause, teilweise werden hier ganz kreativ Alltags-Utensilien umfunktioniert. Nachwuchstrainerin Nina Ehrenfried bietet ihrer Trainingsgruppe vier bis fünf Mal in der Woche ein Online-Training an. Die 13- und 14-Jährigen werden via Skype-Videochat angeleitet. „Wir machen vor allem Stabilisationstraining und Körperkraft. Für die Körperkraft wird dann auch schon mal eine volle Wasserflasche als Kurzhantel-Ersatz mit eingebaut.“, berichtet Ehrenfried amüsiert. Da in den Osterferien eigentlich ein Trainingslager für alle Baden-Württembergischen Talente hätte stattfinden sollen, hat die Ex-Kanutin das Online-Angebot einfach auf ganz Baden-Württemberg erweitert: „So leite ich mehrmals am Tag eine Trainingseinheit mit neun Personen vor dem Bildschirm an.“
Die jungen Athlet*innen erhalten hierfür bereits zu Wochenbeginn einen Plan, so dass sie sich die Zeiten des Trainings einteilen können. Einige Trainingseinheiten muss die Trainingsgruppe auch ganz alleine für sich abspulen – zum Seilspringen etwa, braucht man nicht unbedingt einen Übungsleiter.

Im letzten Jahr um diese Zeit verzeichnete die Rennmannschaft, nach einer breit angelegten Talentsuche in den Schulen von Karlsruhe und mit Unterstützung von Förderer CRONIMET, einen Zuwachs von knapp 60 Kindern im Alter zwischen neun und elf Jahren. Die allermeisten konnte das Nachwuchstrainerteam um Annika Graf und Maike Worch 2019 bei Laune und in der Rheinbrüder-Familie halten.
„Nun dürfen diese kleinen, quirligen Kids seit mehr als einem Monat nicht mehr bei und mit uns trainieren.“, so die Trainerinnen, die deshalb kurzerhand ebenfalls eine kleine Oster-Online-Challenge für die Kanu-Sprösslinge angeboten haben. „Die Idee haben wir von einem Trainerkollegen aus Kaiserslautern. Das fanden wir super und haben es einfach übernommen.“ Neben der Prämierung der bestbemalten Ostereier, ging es im sportlichen Bereich anstatt dem geplanten Oster-Trainingslager um den Kanu-Oster-Eier-Mehrkampf. Neben dem Ei blasen über 200cm, dem Eiersprint über 1000cm, dem Schlängellauf oder dem Standweitsprung jeweils mit Ei, gab es auch einen Wettkampf im Ostereier wegblasen über 200cm gegen die Familienmitglieder zur Schulung der Luftausdauer.

Auch wenn Hofmann sehr stolz auf seinen erfinderischen Trainingsstab ist, so hofft er doch inständig, dass sich die Lage in Deutschland bald wieder entspannt und es im Spätsommer und Herbst, auch noch den ein oder andere Wettkampf geben wird. „Die Jungs und Mädels brauchen Ziele, insbesondere auch die Nachwuchssportler*innen, denn ohne die ist die Motivation auch ein großes Problem.“

MaT