Das Youth Olympic Games Qualifier in Barcelona/Spanien war keine Veranstaltung für schwache Nerven. Die internationale Regatta wurde auf der Olympia-Regattastrecke von 1992 ausgetragen. Insgesamt kämpften 257 Athleten in vier Startfeldern um die begehrten sechs Kontinentaltickets für die Youth Olympic Games (YOG), deren Veranstalter das Internationale Olympische Komitee (IOC) ist.
Der Deutsche Kanu-Verband (DKV) entsendete sieben Athleten, die sich im Herbst die nationale Startberechtigung für das Qualifier erkämpften. Unter den Glücklichen war damals der Karlsruher Tim Bechtold. Seither trainierte der 16-Jährige nicht nur im Kanu-Rennsport Canadier, sondern auch immer wieder im Slalomboot. Denn die YOG und damit auch das Qualifier gehen neue Wege in der Wettkampfgestaltung. So musste Bechtold in Barcelona seinen Kanu-Rennsport-Wettkampf nicht wie gewohnt auf einer geraden Strecke bewältigen, sondern auf einem Achter-Parcours „head-to-head“, also unmittelbar gegen einen Gegner fahren und als erstes ins Ziel kommen, um sich dann Runde um Runde nach vorne zu kämpfen. Dieses Rennen gelang dem Karlsruher Nachwuchstalent nach eigenen Angaben nicht wie erhofft, am Ende standen Gesamtrang 20 und in der „Europawertung“ der elfte Platz. „Nach dem Rennen hatte ich eigentlich nicht mehr mit dem Quotenplatz gerechnet. Der Wettkampf lief einfach zu schlecht“, resümierte Bechtold nach der Rückkehr aus Barcelona. Dass er sich das Ticket dann im disziplinfremden Slalomboot ergatterte, zeugt von der Willenskraft des Knielingers. Denn auch der Slalomkurs hatte es mächtig in sich. Neben der mentalen Herausforderung, seinen Gegner unmittelbar neben sich zu wissen, kam beim Slalomparcours auch noch die Anforderung auf die Athleten zu, eine Kenterrolle in einem bestimmten Feld machen zu müssen. Nicht wenigen Athleten gelang diese Rolle im vorgeschriebenen Korridor nicht und somit war der Wettkampf für sie frühzeitig beendet. Bechtold meisterte diese Anforderung jedoch mit Bravour und rangierte am Ende, mit einer sehr guten Zeit, auf dem achten europäischen Platz. Danach begann das große Zittern und Rechnen. Denn das Qualifier bestritten ja Athleten aus der ganzen Welt, somit mussten die einzelnen Kontinentalplatzierungen mühsam vom Gesamtergebnis getrennt werden. Hinzu kam die Tatsache, dass jede Nation nur eine Startberechtigung in jeweils einer Disziplin erhält. Es war für Tim Bechtold also nicht nur ein Kampf gegen die Uhr und die Gegner aus Europa, nein, auch den nationalen Ausscheid musste er für sich entscheiden. Am Ende lag das Kanuleichtgewicht aus der Talentschmiede der Rheinbrüder in der Addition auf dem vierten Platz der europäischen Rangliste, gerade einmal einen Punkt vor seinem Nationalmannschaftskollegen Ari Kühnel (Leipzig) der zwar auf dem sechsten Platz landete und damit dem Anspruch eines Quotenplatzes eigentlich gerecht wurde, dem allerdings aufgrund der IOC-Entscheidung, nur einen Athleten pro Nation und Disziplin zuzulassen, nur die Zuschauerrolle bleibt. „Das ist schon eine starke Leistung, die Tim da vollbracht hat. Wir haben es ihm zugetraut, aber als er im Rennsport-Wettkampf schlechter abschnitt als erwartet, haben auch wir hier in Karlsruhe am Erfolg des Projekts leichte Zweifel gehegt“, gab der Rheinbrüder Cheftrainer Detlef Hofmann unumwunden zu und ergänzte: „aber ich hatte ja auch immer wieder auf sein Bewegungstalent hingewiesen. Dies hat Tim im ungewohnten Slalomboot sicher enorm geholfen. Uns freut es alle riesig, dass er die Qualifikation gepackt hat!“ Insgesamt konnte sich der DKV drei Quotenplätze für die kommenden Youth Olympic Games in Buenos Aires/Argentinien vom 01. bis 18. Oktober 2018 sichern. Neben Bechtold qualifizierten sich die Lünenerin Gina Zint im Kajak der Damen und die Leipziger Slalomfahrerin Zola Lewandowski im Damen-Canadier. Für Tim Bechtold steht ein Event an, auf dass er sich nun mit Freude ein halbes Jahr vorbereiten kann. AMR
Videos zum Thema:
2. Kanu-Magazin 2018 / BadenTV über Tim!
Ein Film vom fulminanten Ritt von Tim könnt ihr hier abrufen!