Weltmeisterlicher Silberregen für die Rheinbrüder

Die Junioren und U23-Weltmeisterschaften 2021 in Montemor-O-Velho brachte für die Rheinbrüder Karlsruhe einen Silberregen. Insgesamt kehren mit Jette Brucker, Gesine Ragwitz, Paul Grosser, Katinka Hofmann und Xenia Jost gleich fünf Karlsruher Sportler/innen mit einem Vize-Weltmeistertitel in verschiedenen Disziplinen zurück in die Fächerstadt.

Strahlende Gesichter bei der Junioren und U23 WM – Katinka Hofmann, Xenia Jost, Gesine Ragwitz, Jette Brucker und Paul Grosser kehren mit Silber zurück – Ralf Straub coachte alle seine U23-Fahrerinnen zum Vize-Titel! ©MaT

Begonnen hat die Medaillenjagd mit dem Finale von Paul Grosser im Zweierkajak über 1.000 Meter. Gemeinsam mit seinem Potsdamer Partner Anton Winkelmann erwischte das neu zusammengestellte deutsche Duo einen guten Start und war direkt bei den führenden Booten dabei. Der Otto-Hahn-Gymnasiast gab jedoch nach dem Wettkampf zu, dass ihn die Boote auf den niedrigen Bahnen am Start ein wenig irritierten, da sie laut Grosser „mega stark rausgeballert“ waren. Mit den späteren Weltmeistern Ernesto Gobibar und Marcos Caballero, den Vizeeuropameistern aus Spanien, hatte das deutsche Duo im Vorfeld natürlich gerechnet. Den Vorsprung, den das iberische Boot nach dem Start herausgefahren hatte, holten Grosser/Winkelmann bis zu den letzten 250 Metern auf. „Aber dann habe ich einen Kommando-Schrei gehört und habe kurz überlegt, ob ich direkt dagegenhalten soll“, gab der 17-Jährige gebürtige Mainzer zu. Er blieb richtigerweise bei der ausgemachten Renntaktik, auch um den Rest des Feldes auf jeden Fall in Schach zu halten. „Am Ende dachte ich nur noch, halt einfach dein Paddel bis zum Schluss fest, so kaputt war ich.“ Das deutsche Boot konnte beim Rennen um den Titel bis zum Schluss mitreden und war mit dem Vize-Weltmeistertitel mehr als zufrieden. Voll des Lobes war Bundesstützpunkt-Leiter Detlef Hofmann: „Das ist ein riesengroßer Erfolg, vor allem, wenn man bedenkt, dass Paul im nächsten Jahr nochmals bei den Junioren startberechtigt ist. Wenn er jetzt die richtigen Schlüsse aus seinem Erfolgserlebnis zieht, kann es der Startschuss für eine noch erfolgreichere sportliche Zukunft sein.“

Zwei Tage später, am letzten Finaltag der Weltmeisterschaften, machten Katinka Hofmann und Julia Hergert mit dem 500 Meter Finale bei der U23 den Auftakt für die folgenden vier Vizeweltmeistertitel für die Rheinbrüder. Die Kombination Karlsruhe/Magdeburg kam gut aus dem Start, wenngleich die Tschechinnen direkt neben ihnen regelrecht aus dem Startschuh geschossen waren. Die siegreichen Ungarinnen und Titelverteidigerinnen von 2019 setzten sich kontinuierlich an die Spitze und fuhren einem ungefährdeten Sieg entgegen. Das deutsche Duo lieferte sich dahinter über die komplette Distanz ein Kopf an Kopf Rennen um die restlichen beiden Medaillen, mit den Europameisterinnen aus Polen und den U23 Weltmeisterinnen über 200 Meter aus Weißrussland. In einem an Dramatik kaum zu überbietendem Finale spielten Hofmann/Hergert ihre ganze Erfahrung aus und ließen sich nicht von der Konkurrenz beirren. Im Schlussspurt hielten sie die Frequenz oben und kamen als Vize-Weltmeisterinnen über die Ziellinie. „Ich bin überglücklich, als Juniorin habe ich hier meine erste Medaille gewonnen und nun die Silbermedaille.“, sprudelte es direkt nach dem Ziel aus Hofmann raus, die vor Freude ein paar Tränchen vergoss.

Die Silbermedaille war auch eine kleine Genugtuung gegenüber dem Vortag an dem das Sprint-Finale, bei starkem Seitenwind, ausgetragen wurde und es dadurch zu unfairen Windvorteilen auf den Außenbahnen kam. Die Karlsruherin schloss dieses Rennen mit Josefine Landt (Waren) nach 38.66 Sekunden ab. Die Überraschungssiegerinnen aus Weißrussland auf Bahn 8 waren nach 38.13 Sekunden ins Ziel gefahren. Zwischen diesen beiden Booten und der Winzigkeit von 48 Zehntel-Sekunden schoben sich jedoch noch drei weitere Bootsspitzen, alle auf einer windgeschützteren Bahn, über die Ziellinie, so dass am Ende der fünfte Platz für die deutsche Crew zu Buche stand.

Mit der Bürde als Vize-Europameisterinnen ging das Juniorinnen Quartett um Jette Brucker, Estella Damm (Dresden), Vanessa Stramke (Neubrandenburg) und Marie Allendorf (Hamm) in das 500 Meterfinale. Trotz eines selbst verschuldeten Fehlstarts startete das deutsche Flaggschiff zusammen mit den Ungarinnen stark ins Rennen. In der Nachstartphase konnten sich dann die Magyarinnen leicht vor den dahinter liegenden Booten aus Deutschland und Spanien absetzen. Die deutsche Besetzung konnte sich im Endspurt gegen das starke spanische Team durchsetzen und beendete das Rennen mit einer viertel Bootslänge Vorsprung auf dem Silberrang. Nach der Siegerehrung fand das Team-Küken kaum Worte: „Ich bin einfach nur über glücklich über die Silbermedaille. Durch den Fehlstart war ich vor dem zweiten Start ziemlich nervös, das ließ zum Glück während dem Rennen nach. “

Ein ähnliches Bild bot sich eine halbe Stunde später beim Finalrennen der U23 Damen, in welchem die Stadtwerke Mitarbeiterin Xenia Jost als Anschubmotor im Viererkajak auf Position vier saß. Auch in diesem Rennen waren die favorisierten Damen aus Ungarn das Maß aller Dinge, aber danach entbrannte auch hier der Kampf um die Medaillen. Die deutschen U23-Frauen, die seit Jahren bereits unter der Betreuung des Karlsruher Nachwuchs Bundestrainers Ralf Straub stehen, waren perfekt auf das Rennen vorbereitet und zeigten im Vergleich zu den Europameisterschaften, bei denen sie noch hinter den Polinnen und Ungarn als Dritte ins Ziel kamen, eine weitere Leistungssteigerung. Im WM-Finale lag das deutsche Quartett bis 100 Meter vor dem Ziel hinter Ungarn und den überraschend starken Russinnen, aber vor den Europameisterinnen aus Polen und Weißrussland auf Rang drei. Mit einem fulminanten Endspurt sicherten sich Josefine Landt (Waren), Wiebke Glamm (Neubrandenburg), Katharina Diederichs (Potsdam) und die quirlige Karlsruherin Xenia Jost ihre erste Vizeweltmeister-Medaille in der U23.

„Das war ein super Rennen. Ich habe kurz vor dem Ende gesehen, dass wir das schaffen können“, strahlte Jost nach der Siegerehrung. Wie viel Erleichterung bei der gebürtigen Serbin, die vor sechs Jahren nach Deutschland kam, abfiel, zeigte auch die Tatsache, dass auch bei ihr, in den Armen von Bundesstützpunkt-Leiter Detlef Hofmann, Tränen der Freude über die Wangen liefen.

Einen perfekten Abschluss vollbrachten dann der Zweierkajak der Juniorinnen mit Gesine Ragwitz und Pauline Jagsch. In ihrem Finale wuchs das Tandem Karlsruhe/Berlin ebenfalls über sich hinaus. Als EM-Bronzemedaillengewinnerinnen waren die Beiden nicht ohne Vorschusslorbeeren nach Montemor gefahren und zeigten dann im Finale ihr Meisterstück. Die amtierenden Europameisterinnen aus Ungarn ließen sich auch hier den Titel nicht streitig machen, allerdings lieferte das deutsche Boot mit Ragwitz als Schlagfrau dem Boot der Magyaren einen packenden Zweikampf bis ins Ziel.
„Das war unser bestes Rennen. Es war einfach unglaublich, vor allem, weil wir so nah an den Ungarinnen dran waren“, freute sich Gesine Ragwitz nachdem auch sie bei der Siegerzeremonie die Silbermedaille überreicht bekam.

Bei so viel Silberglanz war der Wermutstropfen, das Ausscheiden von Jan Bechtold und Xenia Jost bei der 500 Meter-Mixed Premiere, schnell zu verkraften. Zumal auch das reine Karlsruher Boot im Semifinale ihr bestes Rennen zeigte und mit Platz fünf nur knapp an der Finalteilnahme vorbeischrammte.
Zu den Medaillen kamen auch noch zwei sehr guten achte Plätze von Jette Brucker und Estella Damm im Zweierkajak, sowie Gesine Ragwitz im Einerkajak über 200 Meter dazu.

Bei diesen Erfolgen war natürlich auch das Bilanzziehen von Bundesstützpunkt-Leiter Detlef Hofmann recht einfach: „Nach einer für uns sehr erfolgreichen Deutschen Meisterschaft und der Teilnahme von drei Rheinbrüdern bei Olympia, war dies ein weiteres Highlight, trotz der ganzen Einschränkungen im Vorfeld durch Corona. Wir sind einfach nur stolz auf unsere Sportler und Trainer und freuen uns auf die zwei letzten sportlichen Highlights 2021, die Weltmeisterschaften in Kopenhagen und den Olympic Hope Games in Racice/Tschechien.“

Die Olympic Hope Games finden vom 10. bis 12. September in Racice/Tschechien statt. Die Weltmeisterschaften in Kopenhagen/Dänemark werden vom 16. bis 19. September ausgetragen.

Bilder und Text: Martina Tirolf